7. So im Jahreskreis Lesejahr A

Biblische Lesungen: 

1. Lesung Lev 19, 1-2.17-18
 
2. Lesung 1 Kor 3, 16-23

Evangelium Mt 5,38-48

Predigt von HG Unckell am 23.2.20 

Liebe Mitchristen

Oft höre ich die Meinung, ja das alte Testament, das ist voll von Rache und Gewalt und Grausamkeit, der Gott im Neuen Testament, den uns Jesus offenbart, der ist anders. Zu diesem Verständnis hat sicher auch die Bergpredigt beigetragen, wenn es da heißt: Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist – ich aber sage Euch

Gleichzeitig lohnt sich ein genauer Blick in die Bibel - das Alte Testament war für Jesus und die Jünger das Wort Gottes. Erinnern Sie sich noch an die 1. Lesung aus dem Buch Levitikus, also einem Text der deutlich vor der Zeit Jesu entstanden ist?

Du sollst keinen Hass in deinem Herzen gegen deinen Bruder tragen. – Das ist für uns, bei den sozialen Medien ja richtig aktuell. In den Zeitungskommentaren der letzten Tage zu den Morden in Hanau war es zu lesen: Die Hass-Sprache gegen Migranten ist ein wichtiger Nährboden für solche Verbrechen.

Man versucht institutionell etwas. So gibt es mit Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb seit Kurzem einen Hate-Speech-Beauftragten für den Freistaat Bayern. Der Kampf gegen den Hass im Herzen beginnt im persönlichen Beziehungsnetz.

Wer sich kundig machen möchte, was hilft, Hasskampagnen zu begegnen, der liest unter anderem von diesen Lösungsansätzen:

  • Auch wenn die Täter:innen der Hasskampagne kaum von ihrer Wut abzubringen sind, ist das bei schweigend Mitlesenden mit ähnlichen Meinungen vielleicht schon so. Counterspeech heißt die Methode, mit klarer Kante, Einfühlungsvermögen und einer Prise Humor dagegenzuhalten. Und man kann das lernen.
  • Hilfreich ist, sich mit anderen zu verbünden. So gibt es seit Dezember 2016 die digitale Bürgerbewegung „Ichbinhier”. Gemeinsam gehen sie auf Facebook gegen Hasskampagnen vor und betreiben Deeskalation im Netz. Dafür gab es den Grimme Online Award. 45 000 Mitglieder weist deren homepage aus. Nach eigenen Angaben wurden über 2000 Kommentarspalten gedreht, d.h. dem Hass den Boden entzogen. 
  • Man kann auch als Einzelperson im Netz hasserfüllte Inhalte über eine Webseite wie Hassmelden einer Überprüfung zuführen. Diese Seite übernimmt auch die juristische Reaktion, wenn der Inhalt strafrechtlich relevant ist.
  • Und natürlich ist auch wichtig, das Betroffene Hilfe erhalten, daher haben sich Menschen verbündet, um Soforthilfe zu ermöglichen.

Hass im Herzen groß werden lassen, das ist keine gute Idee, und Jesus empfiehlt uns heute als Gegenmittel Gebet für diejenigen, die uns nicht gut sind, uns verfolgen, wo wir Feindschaft spüren.

Wer sich nicht auf dieses Brückenbauen mit Gottes Hilfe einlässt, der wird in vielen Fällen erleben, wie der Graben weiter wächst. Gräben gibt es in unserer Gesellschaft und auch in der Kirche. Unterschiedliche Lager und Menschen verstehen sich nicht, bekämpfen sich.

Und das ist nicht erst in den letzten Jahren so. Die Lesung aus dem Buch Levitikus ermutigt Seid heilig - seid ganz - und für das Brückenbauen den Auftrag den Nächsten zu lieben wie sich selbst - denn Gott ist da also nahe – dem Nächsten genauso wie mir selber.

Die Worte aus dem Korintherbrief - Wisst Ihr nicht ... seid ihr - waren Teil der Bibelstelle zur Wertschätzung auf der ersten verpflichtenden Tagung für die pastoralen Dienste im Prozess Kirche am Ort. Bei diesem Anliegen, Wandel möglich machen, entsteht schnell ein Graben zwischen Gruppen - gibt es Lager - die einen wollen Veränderung in diesem Anliegen, die anderen in einem anderen Anliegen und schon eskaliert ein Konflikt.

Und manche Äußerung hat dann zerstörerisches Potential. Es geht um Gottes Tempel - es geht um das Volk Gottes, das Sein besonderes Eigentum ist - Heilig. Wie bei den Schriftgelehrten, die sich an Jesus und seiner Botschaft rieben, gibt es auch heute sehr konfliktreiche Themenfelder.

Beispielhaft möchte ich die Vorstellung vom gemeinsamen Priestertum der Gläubigen aufgreifen. Gottes Eigentum, ein priesterliches Volk, soll sich finden lassen von Gottes Liebe, Gottes Geist. Mir hilft dabei das Gebet, welches wir als Antwortpsalm miteinander beteten - der Psalm 103. Gemeinsam mit vielen anderen Gläubigen kann ich Gott preisen, der mich heilt, mit Huld (ein anderes Wort für Gnade) und Erbarmen krönt. Und ich hoffe, dass aus dieser Grunderfahrung Menschen wagen, sich als Eigentum Gottes zu verstehen, nicht mehr ohne diesen Beistand ihren Lebensweg zu gehen. Dieses Verständnis für sich zu klären, und dann anzunehmen ist Teil des Christwerdens für jeden und jede von uns. Die Rückbesinnung des Vat II auf diese Vorstellung der Bibel war für manche Seite der katholischen Spiritualität etwas Neues.

Christwerden kann keiner und keine von uns delegieren - an den Pfarrer oder eine hauptamtliche pastorale Kraft. Leider begegnen mir im Gemeindealltag öfter Menschen, die sich innerlich von Gott fernhalten, vielleicht auch durch eine Vorstellung geleitet, was passiert dann mit mir, wird es gut? Es gibt wenig gemeinsame Tradition, sich auf Gottes Wegweisung einzulassen und für mich und die anderen in der Gemeindeleitung dann die Frage: Wie können wir da helfen?

Gleichzeitig merken diese Menschen oft, es fehlt die Kraft, für andere zu beten, für diesen gewaltlosen Widerstand, den Jesus uns heute nahebringen will, damit wir Zeugnis für das Leben, das von Gott kommt, geben können. Das sollen doch die machen, die dafür angestellt sind oder die Ordensleute. Dass dies zum normalen Christsein gehört, diese Vorstellung ist nicht so verbreitet. Das wird in Rückmeldungen aus der Firmvorbereitung deutlich.

Die Vorstellung, Teil dieses größeren Ganzen zu sein, diesem Tempel Gottes, sich bewusst in der Gotteskindschaft zu verwurzeln, scheint vielen eher fremd zu sein - nicht katholisch - Glaube wird mit Kirchgang verbunden und einer guten Praxis, weniger mit einer persönlichen Beziehung, einem Vertrauen zu Gott als Vater - Mutter - Bruder. Gleichzeitig ist es vielen der jungen Menschen wichtig, den Glauben nicht zu verlieren. Manchen Erwachsenen wird es ähnlich gehen. 

Wir werden im September für alle, die mit ihren Fragen den christlichen Glauben ausloten wollen, wie es mehr möglich wird, Gottes Eigentum zu werden, bewusster Teil des Tempels Gottes wie es in der 2. Lesung hieß, einen Glaubenskurs anbieten, der sich seit über 30 Jahren bewährt und vielen Menschen den Weg zu einem tieferen Ja zu Gott in ihrem Leben gebahnt hat. Vielleicht wissen Sie von jemanden, den das interessiert - oder haben Sie selber Interesse. Dieser Glaubenskurs ist der ALPHA-kurs. Sie werden in den nächsten Monaten dazu regelmäßig etwas hören. Es wird in Magstadt im Katholischen Gemeindehaus jeden Dienstagabend sein, in Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde dort und weiteren Personen aus einer Gemeinde in Weil der Stadt.

In einigen Augenblicke des gemeinsamen Schweigens können wir den Hass in unserer Gesellschaft Gottes Liebe anvertrauen, und uns befreien lassen von unguten Bewegungen in unserem eigenen Herzen.